HealthManagement, Volume 5 / Issue 1 2003 (German)

CAWT- Akronym für Co-operation and Working Together (Kooperation und Zusammenarbeit) – ist eine grenzübergreifende Gesundheitsinitiative, die 1992 durch das„Ballyconnell-Abkommen" zwischen den Gesundheitsbehörden Nord-Ost und Nord-West in Südirland und den Gesundheitsund Sozialbehörden Süd und West in Nordirland ins Leben gerufen wurde. Das Gebiet von CAWT umfasst die gesamte Grenzregion zwischen Süd- und Nordirland, das entspricht 25 Prozent des Staatsgebietes von Irland mit einer Bevölkerung von über einer Million Menschen.

 

Das Konzept von CAWTentstand aus der Erkenntnis, dass neben dem gemeinsamen Bevölkerungsprofil, die Region auf beiden Seiten der Grenze auch gemeinsame Probleme hat, wie z.B. die hohe Armut, Isolation und die Lage als Randgebiet. Nachdem diese erst einmal erkannt waren, glaubte man in der Gesundheits- und Sozialversorgung sie durch eine mögliche Zusammenarbeit am besten in den Griff zu bekommen, um das gesundheitliche und soziale Wohlergehen der Grenzbevölkerung zu verbessern.

 

Das Fundament

Bei der Beurteilung, wie weit man bis heute gekommen ist, ist es wichtig zu wissen, dass es vor weniger als 15 Jahren noch kaum grenzübergreifende Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen auf der Insel gab. Die notwendigen Strukturen für eine solche Arbeit waren nicht vorhanden und die Hauptakteure auf beiden Seiten der Grenze hatten praktisch keinen Kontakt miteinander.

 

Seit damals wurde viel erreicht. CAWT ist keine politisch gesteuerte Organisation. Ihre Entwicklung lieferte eine entscheidende Rahmenbedingung und Hilfe für Personal im Gesundheits- und Sozialwesen auf beiden Seiten der Grenze. Die Stärke und der Erfolg von CAWT liegen in einer sehr realen Partnerschaft zwischen den vier Gesundheitsbehörden und in der Entschlossenheit der Mitarbeiter zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit.

 

Es wäre unmöglich, in diesem Artikel alle Projekte, Trainingsveranstaltungen und Konferenzen aufzuführen. Erfolge gab es in der Akutversorgung z.B. bei der grenzübergreifenden Dermatologie1, von der Patienten in Monaghan, Dundalk, Newry und Armagh profitierten; Nierendialysen wurden in Newry für Patienten auf der anderen Seite der Grenze in der Grafschaft Louth durchgeführt; es gab in den Krankenhäusern von Altnagelvin und Letterkenny Herzkathederisierung, Mund-und Kieferchirurgie und Neugeborenen- Intensivpflege.

 

In der Primärversorgung brachte das Projekt „Entwicklung der Primärversorgung über Gemeinden und Grenzen hinweg" (Developing Primary Care Across Communities and Borders) Allgemeinmediziner von beiden Seiten der Grenzen zur Bildung von Netzwerken und dem Informationsaustausch zusammen.

 

In der Sozialversorgung widmete sich das Hauptforschungsprojekt „Verhütung von Unfällen von Kindern in Gemeinden" (Community Childhood Accident Prevention Project2 dem hohen Anteil von Unfällen von Kindern unter fünf Jahren aus armen Gegenden. Projekte wie „Elterninitiativen in der Gemeinde" (Parenting Initiatives in the Community) und „Schutz von behinderten Kindern" (Protecting Children with a Disability) ließen ganz spezifische Dienstleistungen entstehen.

 

Entwicklung Von Strategien

CAWT wurde im Jahre 2000 vom Zentrum für grenzüberschreitende Studien (Centre for Cross-border Studies 3 bewertet.

 

Auch in der Studie „Grenzüberschreitende Kooperation im Gesundheitswesen" (Cross-border Co-operation in Health Services4 für ganz Irland wurde CAWTaufgeführt. Sie wurde von Dr. Jim Jamison verfasst und kommt zu dem Urteil, dass „ein großer Teil der verbesserten Beziehungen auch durch CAWT erreicht wurden." Die Haltung gegenüber CAWT seien allgemein sehr positiv und der Blick in die Zukunft sei optimistisch.

 

In der kürzlich veröffentlichten Übersicht über Akutkrankenhäuser in Nordirland, von Dr. Maurice Hayes5 wurde CAWT explizit erwähnt. Der Bedarf nach einem grenzübergreifenden Überblick von

Einrichtungen und Dienstleistungen in beiden Staaten wurde betont und den Gesundheitsbehörden entlang der Grenze eine gemeinsame Strategie empfohlen.

 

Durch Die Errichtung Des Nord-Süd

Ministerrats im Karfreitagsabkommen wurden Gesundheit durch Kooperation und enge Zusammenarbeit in den Mittelpunkt gerückt. Die Arbeit auf strukturellem Gebiet wird durch beideMinisterien in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden wie CAWT voran gebracht.

 

Die obigen Berichte und das bestehende Klima von politischem und organisatorischem Wandel hatten einen großen Einfluss auf die Ausarbeitung des zweiten Strategieplans von CAWT (2001

– 2004). Dieser berücksichtigt den Nord- Süd Ministerrat und spiegelt die Pläne beider nationaler Gesundheitsministerien und der vier regionalen Gesundheitsbehörden wider.

 

Leistungsorientiert

Gegenwärtige Initiativen im neuen Strategieplan von CAWT sind beispielsweise die Errichtung von grenzübergreifenden Diensten der Allgemeinmediziner außerhalb der Sprechzeiten (out-of-hour, OOH). Im Juni 2001 beauftragte CAWT die Universitäten Ulster und Galway mit einer Machbarkeitsstudie zu den zu beachtenden praktischen und taktischen Erfordernissen, bevor eine OOH-Zusammenarbeit stattfinden kann. Die Studie zeigt, dass ungefähr 70.000 Menschen entlang der Grenze näher bei praktischen Ärzten des anderen Staates leben und dass circa 70 Prozent dieser

Menschen in einsamen Gegenden leben, die als sozial benachteiligt angesehen werden können.

 

CAWT untersucht jetzt die Möglichkeit für einen grenzüberschreitenden Dienst in zwei festgelegten Bevölkerungsgebieten in der Grenzregion. Für die Patienten verschwindet damit die Grenze bei derVersorgung durch Allgemeinmediziner außerhalb der Sprechzeiten. Ihr ortsbezogener Ansatz zur Bedarfsermittlung und Versorgung kann auch als erster Schritt einer weiteren Entwicklung hin zu verbessertem Zugang zu anderen Dienstleistungen verstanden werden.

 

Die wachsende Wichtigkeit von Bevölkerungsbedürfnissen bei der Planung der Gesundheitsversorgung brachte CAWT dazu, die Erstellung eines CAWT-Bevölkerungs-Gesundheitsprofils in Auftrag zu geben. Während in der Vergangenheit jede Gesundheitsbehörde Daten über ihre eigene Bevölkerung hatte, sind jetzt zum ersten Mal umfassende Informationen zu

Gesundheits- und Sozialversorgung erhältlich. Die Informationen im Bericht ermöglichen die Identifikation von Themen, die in der ganzen Region aktuell sind. Daraus kann man folgern welche Aktionen unternommen werden müssen. Als eine der bedeutendsten Errungenschaften wird das Gesundheitsprofil Informationen für zukünftige Bemühungen von CAWT liefern und lenken.

 

Vorteile für Patienten auf beiden Seiten der Grenze sind die Ergebnisse einer entstehenden strategischen Partnerschaft zwischen dem Monaghan und dem Craigavon Krankenhaus bei der Herzkathederlegung und allgemeinen Chirurgie. Der Zugang wurde verbessert und die Wartelisten kürzer. Ein gemeinsamer Herzkathederdienst ermöglicht die Beibehaltung von kardiologischen Einrichtungen auf regionalem Gebiet für beide Bevölkerungen.

 

Der Strategieplan enthält eine Reihe anderer genau festgelegter Änderungen. Beispielsweise einen Kommunikationsplan für CAWT und die Errichtung einer umfassenden Website. Man plant sowohl Arbeiten auf dem Gebiet der Unfallverhütung, Gesundheitsbeurteilung, Diabetes, kognitive Therapieausbildung, grenzüberschreitende Protokolle und Herz-Rehabilitation als auch die Erweiterung einer Reihe von akuten Dienstleistungen.

 

Offen Für Europa

CAWT stellt gegenwärtig Verbindungen her zu Grenzgebieten in anderen Teilen Europas. Man geht damit über die Nord- Süd-Problematik von Irland hinaus auf eine gemeinsame Tagesordnung in einem größeren europäischen Kontext.

 

Im Oktober 2001 fand eine erfolgreiche Europa-Konferenz mit dem Titel „Connecting with Europe" statt. Sie wurde von beiden irischen Ministern DeBrún und Moffatt eröffnet. Als Ergebnis wurden wichtige Verbindungen mit der Rhein-Mosel-Region hergestellt. Außerdem berichtete CAWT bei HOPE, dem Ständigen Krankenhausauschuss der Europäischen Union, und ist jetzt Mitglied der Arbeitsgruppe, die gegenwärtig eine Bestandsaufnahme von Krankenhäusern mit grenzüberschreitender Zusammenarbeit in Europa anfertigt.

 

Schlussfolgerung

Mein Fazit lautet kurz ausgedrückt: „Krankheit kennt keine Grenzen". Die offensichtlich logische Folgerung ist, dass ein solches Prinzip unseren Bevölkerungen nur zugute kommen kann.

 

Aus humanitären Überlegungen heraus glaube ich, dass die Ethik von CAWTden Menschen für die sie entstand mehr Vorteile bringt als einzeln arbeitende Gesundheitsbehörden. Ich hoffe, dass die gezeigten Beispiele verdeutlichen, dass wir an einer praktischen Zusammenarbeit nur gewinnen können.

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