HealthManagement, Volume 13, Issue 3/2011
Die Patienten an erster Stelle Interview mit Tomasz Szelagowski,
Vorstandsmitglied des Europäischen Patientenforums (EPF)
Das EPF wurde im Jahr 2003 gegründet und entwickelte sich in weiterer Folge EU-weit zur Stimme aller Patienten. Darin manifestiert sind die Solidarität, Macht und Einheit der EUweiten Patientenbewegung. Die fünf strategischen Ziele lauten: gleicher Zugang für alle Patienten, Beteiligung der Patienten, die Patientenperspektive, nachhaltige Pati entenvereinigungen und Geschlossenheit der Patienten. Hr. Szelagowski unterstrich den Bedarf der Patienten für bessere Koordination und Integration in der Betreuung und die Tatsache, dass sie von besseren Beziehungen zwischen Patienten und medizinischem Fachpersonal profitieren könnten. Kommunikation ist hier der Schlüsselfaktor, und Krankenhausmanager sollten die Erfahrungsberichte von Patienten sammeln und dazu einsetzen, den Zugang, die Qualität und die Sicherheit der Betreuung im Krankenhaus zu verbessern. Schließlich sind Patienten die Experten, wenn es darum geht, Mängel im System aufzuzeigen. Im Gespräch über die grenzüberschreitende Gesundheitssorge betonte Tomasz Szelagowski die Wichtigkeit der Richtlinie und nannte sie einen „Meilenstein" für Patienten. Das EPF begrüßt Regelungen für eine wechselseitige Zusammenarbeit und Transparenz bei Sicherheit und Qualität der Gesundheitsversorgung. Doch obwohl bereits viele Fortschritte erzielt wurden, greift die Direktive bei Fragen der Kostenrückerstattung zu kurz.
Betreuungspfade: Maßgeschneiderte Pflege Für Die Wechselnden
Ansprüche Des Modernen Patienten
Die Gesundheitssysteme verändern sich. Die Rolle der Patienten verändert sich ebenso, von einer passiveren Stellung hin zum aktiven Konsumenten der Gesundheitsversorgung. Patienten möchten informiert und einbezogen werden, und legen gesteigerten Wert auf Qualität und Sicherheit. Innerhalb von Pflegeeinrichtungen wurde die individuelle Patient-Arzt-Beziehung von einem Team-Patient-Ansatz abgelöst. Die Ursache dafür liegt in der gesteigerten Spezialisierung der Gesundheitsberufe, der technologischen Entwicklungen und in einer höheren Bandbreite der Erwartungen von Patientenseite.
Betreuungspfade erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und können folgendermaßen
definiert werden: „Eine komplexe Intervention für den gemeinsamen
Entscheidungsprozess und die gemeinsame Organisation einer berechenbaren
Betreuung für eine klar definierte Patientengruppe während eines klar
definierten Zeitraums." Die Betreuungspfade bauen auf Evidenz-basierter
Medizin auf. Sie haben einen therapeutischen Entscheidungsspielraum, von
starren Schemata abzuweichen, um auf die speziellen Bedürfnisse eines Patienten
besser eingehen und die Therapie so maßschneidern zu können. Diese Betreuung
könnte zu besser vorhersehbaren Ergebnissen führen. Die Patienten-zentrierte
Gesundheitssorge hat den Patienten zu allen Zeiten im Mittelpunkt. Sicherlich
wird dieser Ansatz die Arbeit medizinischer Fachkräfte und des
Krankenhausmanagements beeinflussen, doch schlussendlich werden wir alle davon
profitieren.
Der Umgang Mit Mangelernährten Patienten
Eine Unterernährung kommt bei stationär aufgenommenen Patienten häufig vor, wird jedoch fast ebenso häufig nicht wahrgenommen. Der Ernährungsstatus der Patienten verschlechtert sich während des Aufenthalts zunehmend. Die Folgen für mangelernährte Patienten sind höhere Infektionsrisiken, Komplikationen und eine verlängerte Aufenthaltsdauer. Dies wiederum bedeutet höhere Kosten für die Krankenhäuser selbst.
Das Überprüfen des Ernährungszustands im Sinne eines Screenings kann die
Outcomes vom Patienten und die Kosteneffektivität verbessern. Obwohl der
Vorgang also viele Vorteile bietet, gibt es verschiedene Hindernisse, die sich
der Implementierung eines Screenings in den Weg stellen. Dazu zählen ein Mangel
an evidenzbasierten Daten, an Information und Ressourcen, an Arbeitskräften und
auch ein Mangel an finanzieller Unterstützung. Die belgische Erfahrung war
hingegen positiv: der nationale ‚Nutrition Health Plan' bestimmte in jedem
Krankenhaus einen verantwortlichen Ernährungsbeauftragten und ein
multidisziplinäres ‚Nutrition Support Team' (NST). Zudem wurde eine Strategie
definiert, mit der ernährungsbezogene Daten zwischen Krankenhäusern,
Pflegeheimen und zu Hause betreuten Menschen in Form einer individualisierten
Ernährungstabelle ausgetauscht werden konnten.
Krankenhaus-Zusammenschlüsse: Komplexe Veränderungen in Einem
komplexen Umfeld
Im Gesundheitssektor kommt es immer häufiger zu Zusammenschlüssen von Krankenhäusern, doch wie kann man solche radikalen Veränderungen managen? Dr. Soki Choi, Beraterin, Lehrerin und Forscherin am Karolinska Institut, führte eine umfassende Studie über die Fusion zweier schwedischer Krankenhäuser durch: das Karolinska Krankenhaus und das Huddinge Universitätsspital in Stockholm. Ihre wichtigsten Ratschläge für Krankenhausmanager, die sich mit Fusionen beschäftigen, sind: sich bewusst zu sein, wie kompliziert ein Fusionsverfahren ist, und nicht die externe Expertise unterschätzen, die zur Durchführung von Zusammenschlüssen benötigt wird. Dr. Choi betont, dass Zusammenschlüsse Zeit brauchen; meist zeigen sich die wahren Vorteile erst nach fünf bis zehn Jahren. Auch sollten Krankenhäuser die richtigen Methoden auswählen und sich nicht ausschließlich auf Forschungsergebnisse aus anderen Bereichen verlassen – der Gesundheitssektor ist einfach komplizierter. Und schließlich sollte der Prozess nicht in großen, radikalen, sondern in kleinen Schritten abgehandelt werden.
Kapital in Der City: In Das Krankenhaus Der Zukunft Investieren
Das ‚European Observatory on Health Systems and Policies' hat zwei Bände über Kapitalanlagen in europäischen Krankenhäusern herausgebracht, die das Vordringen marktwirtschaftlicher Prinzipien in eine großteils immer noch von öffentlicher Hand geleiteter Aktivität beleuchten, und die verschiedenen, zunehmend eingesetzten Finanzierungsmodelle untersuchen. Aufgrund der derzeitigen ökonomischen Umstände sind kluge Investierungsentscheidungen in der Gesundheitssorge wichtiger denn je, und auch schwieriger denn je zuvor.
Auch im Bereich der Krankenhausfinanzierung treten Veränderungen auf. Es gibt einen starken Trend weg von einem Gesamthaushalt und eher hin zur gemischten Förderung. Die häufigsten Formen der Finanzierung sind unter anderem die Strukturfonds der EU und öffentlich-private Partnerschaften (PPP). Aufgrund der Auswahlkriterien liegt der Fokus der meisten Strukturfonds auf relativ armen Gebieten, und es ist durchaus möglich, dass sie dort in den nächsten Jahren den Großteil des Kapitalaufkommens in der Gesundheitssorge tragen. PPP Modelle versuchten, Anreize für private Auftragnehmer zu schaffen, in dem die Verantwortung für die Investitionskosten zusammen mit den laufenden Kosten gebündelt wird.
Hindernisse Der Sicheren Medikamentenverabreichung,
Medikamentose Auftragsvergabe in Norwegischen Spitalern
In norwegischen Krankenhäusern werden Medikamente zwecks Kostenersparnis ausgeschrieben. Jedes Jahr wird auf Basis der Ergebnisse dieser Ausschreibungen eine Liste von Medikamenten zusammengestellt. Eine Studie untersuchte die praktischen Folgen dieses Vorgehens. Die Ergebnisse zeigen übereinstimmend, dass das Krankenpflegepersonal über das aktuelle System beunruhigt war, da sie auf eine zunehmende Zahl von Generika stießen. Die Krankenschwestern und -pfleger gehen davon aus, dass die generischen Ersatzprodukte auf den Abteilungen ein Risikofaktor für Fehler in der Medikamentenverschreibung sind. Krankenhausmanager können daraus lernen: Obwohl sich das wettbewerbsmäßige Ausschreiben stark positiv auf die Krankenhausfinanzen auswirkt, sollten im Anschluss an solche Strategien Vorgehensweisen implementiert werden, welche die Patientensicherheit gewährleisten und Kosten aufgrund von Medikationsfehlern vermeiden.
Verbesserung Der Verschreibungseffizienz Durch Erhöhten Einsatz
Von Niedrigpreis-Generika
Ausgaben für Arzneimittel werden in allen Bereichen zunehmend strenger überwacht, da das schnelle Wachstum auf diesem Gebiet andere Bereiche überholt. Unhaltbare Steigerungen haben dazu geführt, dass Regierungen, medizinische Berufsorganisationen, Gesundheitsbehörden und Krankenkassen mit größerem Nachdruck Reformen einführen, um Ressourcen zu sparen. Diese beziehen sich meist auf Generika, um die Verschreibungseffizienz bereits existierender Produkte in einer Klasse oder einer verwandten Klasse zu verbessern, und umfassen Initiativen von Angebot und Nachfrage-Seite.
Verschiedene Initiativen haben europaweit zu einer Senkung der Generikapreise
geführt. Dies geschah auch in Ländern mit geringeren Bevölkerungszahlen wie
Litauen, Norwegen und Schweden, womit mit dem Mythos aufgeräumt wird, dass
solche Länder keine niedrigen Arzneimittelpreise durchsetzen können. Diese
Initiativen, gekoppelt mit Maßnahmen zur Förderung des Einsatzes von Generika,
haben in den letzten Jahren zu einer Stabilisierung der Kostenrückerstattung
für Protonenpumpenhemmer und Statine in den meisten westeuropäischen Ländern
geführt. Diese gesteigerte Effizienz wurde ohne Gefährdung der Gesundheitssorge
erreicht.