HealthManagement, Volume 5 / Issue 1 2003 (German)

Author

Manuel Delgado


Seit einigen Jahren ist die Debatte über die Vorteile einer Privatisierung von öffentlichen Gesundheitsleistungen in vollem Gange. Diese Initiative geht weit über simple Reformen des Gesundheitswesens hinaus. Es stellt sich eine radikale Grundsatzfrage: Welche öffentlichen Aufgaben können auf den privaten Sektor übertragen werden einerseits zu geringeren Kosten und andererseits mit substantiellen Zugewinnen ohne dabei die Fähigkeit zu verlieren, Risiken und Initiativen zu übernehmen. Wenden wir uns dem Reformkonzept einer kontinuierlichen Verlagerung von öffentlichen Aufgaben auf den privaten Sektor zu:

 

Die Reaktionen hierauf sind höchst unterschiedlich. Während einige ihren ideologischen Standpunkt vertreten, sehen andere den öffentlichen Sektor unter rein technokratichen Blickwinkeln. Andere wiederum vertreten den Standpunkt, dass öffentliche Aufgagen nur von Beamten ausgeführt warden könnten. Die Gegenposition lautet, dass Beamte als Vertreter einer rigiden und passiven Bürokratie am allerwenigsten geeignet sind, sich um sorgsame Resultate zu kümmern.

 

Im Gesundheitswesen stößt der Prozess der Privatisierung in sensiblen Fragen wie beispielsweise der Ethik allerdings an ihre Grenzen. Die Idee, die der Privatisierung innewohnt, geht von einem Gewinn für alle Beteiligten als Ergebnis dieser Herausforderung aus.

 

Dies gilt sicherlich für die Krankenhausverwaltung, die sich bei einem derartigen Konzept stärker auf die Belange der reinen Gesundheitspflege konzentrieren könnte. Dies würde die Voraussetzung dafür schaffen, dass spezialisierte Dienstleister eine größere Anzahl von anspruchsvollen Serviceleistungen im nichtklinischen Bereich erbringen würde.

 

Vor allem der Patient würde sich in diesem Fall im Bereich der medizinischsozialen Betreuung besser versorgt sehen. Gleichzeitig würde das Krankenhauspersonal in die Lage versetzt, effizienter als bisher arbeiten zu können. Auch im Bereich des öffentlichen Rechnungswesens würde eine Externalisierung der Aufgaben sich unter dem Strich auszahlen.

 

In Europa haben bereits eine Reihe von Kliniken einzelne Krankenhausbereiche ausgelagert: So zum Beispiel einzelne Diagnostikbereiche und Abteilungen der klinischen und anatomischen Pathologie sowie die medizinische Bildgebung. Diese Sektoren sind von einem hohen Geräte- und Materialeinsatz gekennzeichnet. Daher sind Verträge mit derartigen Dienstleistern bereits heute in weiten Teilen akzeptiert.

 

Herrscht über die Auslagerung dieser Krankenhausbereiche weitgehend Einigung, bleiben die Bereiche der Diagnostik, der Patientenbetreuung, der Gesundheitsversorgung und der Vorsorge Domäne öffentlicher Versorgung.

 

Die Vielschichtigkeit und Komplexität dieser Art von Leistungen ebenso wie der Charakter der Unvorhersehbarkeit von Situationen bei schweren Krankheiten und die psychosoziale Betreuung von Patienten erfordern eine öffentliche Verantwortung, die schwerlich von einem Dienstleister des privaten Sektors getragen werden kann. Die finanzielle Unabhängigkeit ist ein weiteres Argument für diese Position.

 

Staaten wie Portugal, Spanien und Schweden haben inzwischen in den öffentlichen Krankenhäusern den Weg der Privatisierung beschritten. Im Falle von Portugal hat ein System des „benchmarking" gezeigt, dass die Übertragung auf Private finanzielle Vorteile mit sich bringt. Im Gegensatz dazu sind Vorteile bei der Übertragung von qualitative hochwertigen Dienstleistungen und mit Blick auf die Patientenzufriedenheit weniger augenfällig.

 

In Spanien zeigt das Beispiel eines von einem Privatkonsortium gebauten und verwalteten Krankenhaus, unter Vertrag einer autonomen Region, dass der Service unter öffentlicher Regie verbleiben kann. Gerade dieses Krankenhaus konnte sich in den letzten zwei Jahren unter den „Top 20" der nationalen Rankingliste der Krankenhäuser platzieren, die von einer unabhängigen Organisation erstellt wurde.

 

Darüber hinaus gibt es eine Reihe von europäische Länder, in denen die Kliniken immer schon privat organisiert waren und Organisationen ohne lucrative Zielsetzung darstellen. Die Tatsache, dass sie private Strukturen aufweisen hat sie nie davon abgehalten, ebenso öffentliche Leistungen zu erbringen. Die Qualitätsnormen in diesen Häusern sind vergleichbar und die Patientenzufriedenheit mit den erbrachten Leistungen entsprechend hoch.

 

Es scheint, dass eine abschließende Bewertung über die Vor- und Nachteile einer privaten oder öffentlichen Gesundheitsdienstleistung verfrüht ist. Die allgemeine Tendenz der Öffnung von Krankenhäusern gegenüber dem privaten Sektor scheint unumkehrbar. Eine öffentliche Finanzierug schließt folglich eine private Erbringung von Gesundheitsdiensleistungen nicht aus. Es bleibt festzuhalten, dass fundamentale Werte wie Qualität, Ethik und Gerechtigkeit nur durch ein System strenger Kontrollen gewährleistet werden können. Die Frage bleibt, ob die Staaten wirklich in der Lage sind diese auch umzusetzen.

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