HealthManagement, Volume 10, Issue 2 /2008

Mehr Marktwettbewerb in der Gesundheitlichen Versorgung?

Die Globalisierung prägt zweifelsohne den europäischen Binnenmarkt nachhaltig.

 

Neben den Wettbewerb fördernden Vorteilen für Verbraucher gilt auch mitunter der Abbau von Arbeitsplätzen durch Verschiebung in Billigländer zu beklagen. Auf dem Markt der gesundheitlichen Versorgung liegen die Fakten etwas anders. Durch die personengebundene Behandlung sowohl auf Seiten des Patienten als auch des Leistungserbringers ist ein Personalabbau durch eine Verschiebung des Erbringungsortes nur sehr begrenzt möglich. Die meisten Patienten wünschen sich eine medizinische Behandlung so nahe wie möglich an ihrem Wohnort, die gesundheitliche Versorgung wird noch immer für Menschen von Menschen erbracht. Globalisierungstrends ergeben sich dennoch teilweise, wenn private Anbieter vermehrt auf den Gesundheitsmarkt verschiedener europäischer Länder vordringen, wo Konkurrenten um Patienten ringen. Eine solche Marktorientierung weckt bei vielen Politikern die willkommene Möglichkeit zum Einhalt der Kostenexplosion der Gesundheitsausgaben. Dazu sind drei interessante Fakten festzuhalten.

 

Zunächst werden in den Vereinigten Staaten kritische Stimmen laut, die das dort vorherrschende Marktsystem beklagen. Eine Kritik bezieht sich auf die Kosten - entwicklung, die keine entsprechende Steigerung in den erbachten Gesundheitsleistungen erbracht hätten. Der Ruf nach einer Marktorientierung ist zu vernehmen. Anhand messbarer Resultate von Gesundheitsleistungen oder Versorgungsprozesse müsse auf - gezeigt werden, wie der Gesundheitsstand der Bevöl - kerung effektiv verbessert worden sei. Im jetzigen System so die Professoren M.E.Porter und E. Olmsted Teisberg ginge es den Akteuren der Gesundheitsversorgung weniger jedoch darum, den Patienten einen Mehrwert pro zusätzlich ausgegebenem Dollar zu verschaffen. Vielmehr stünden Einkommenssteigerung, Erhöhung von Marktanteilen; Kosten- und Leistungs - einschränkungen, also typisch marktgeprägte Verhalten im Vordergrund. Ähnlich kritische Warnungen vor einem blinden Marktverhalten waren in Berlin beim Frühlingsempfang der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zu hören. Dr. Kösters, Vorsitzender der DKG, thematisierte die in Deutschland in vielen Kliniken gemachten Erfahrungen mit dem Schlagwort ‘Krankenkassen saniert, Krankenhäuser ruiniert‘. Allein im stationären Bereich läge als Folge der Spargesetze die finanzielle Unterdeckung bei 1,2 Milliarden.Wettbewerb mit hohen Rabatten sei nur dann möglich, wenn frei kalkulierte Preise und statt des Anbieten-Müssens ein Anbieten-Können zu den ordnungspolitischen Rahmenbedingungen gehörten. Die jetzige Deckelung der Kostenvergütung ließe solche Marktregeln nicht zu.


Eine Lanze zum Umdenken brach auch der französi - sche Staatspräsident Sarkozy bei der von ihm eingesetz - ten Kommission Larcher. Er erinnerte zunächst an die Werte, die das Krankenhaus verkörpere. Der Dienst an der Bevölkerung, die permanente Erreichbarkeit der Hospitäler und nicht ihre zuletzt geographische Verankerung, sehr oft auch als größte Arbeitgeber, seien Werte, die es zu festigen gelte, auch im Hinblick auf sich stellende Herausforderungen. So mahnte er eine qualitativ hochstehende Leistung und das Er - reichen von Spitzenleistungen an. Sarkozy stellte auch fest, dass die Hälfte der öffentlichen Krankenhäuser finanzielle Verluste einfahren. Diesem Missstand aber auch den Herausforderungen möchte er durch mehr Führungsautonomie in den Krankenhäusern ent - gegentreten. Dazu gehört eine angepasstere Finan - zierung, die von der wirklich erbrachten Leistung ausgeht. Ein zweiter Baustein ist das Kranken hausmanagement, dem eine Handlungsfreiheit und –verantwortung zugestanden werden müsste. Der Krankenhausdirektor sollte wieder der echte Chef werden. Die Tatsache, dass Akteure einer Einrichtung dessen Handlungsweise durch ihr Nein blockieren könnten, sei unannehmbar. Der Direktor müsse dann auch die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung des Einzugsgebietes seines Hospitals verantworten und privateAnbieter einbeziehen. Eine solche Zusammenarbeit müsse zur Regel werden. Solche Worte sind nicht alltäglich aus dem Mund eines Staatspräsidenten. Sie lassen uns über die Marktstellung eines Krankenhauses nachdenken. Interessant ist auch, dass gerade Frankreich die nächste Ratspräsidentschaft innehat. Daraus könnten sich ja auch europaweit andere Denkanstöße ergeben. Die EVKD bleibt jedenfalls am Ball.

 

Willy Heuschen

EVKD Generalsekretär

Chefredakteur

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