HealthManagement, Volume 5 / Issue 1 2003 (German)

Geschäftsführer Diakonissen-Mutterhaus Rotenburg Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands

 

Die Krankenhauslandschaft in Deutschland ist seit Jahren von einem starken Strukturwandel geprägt. Dieser Strukturwandel setzt sich verstärkt fort, da ab dem Jahre 2003 das Finanzierungssystem in Stufen auf Diagnosis Related Groups (DRG) umgestellt wird. Ursächlich dafür ist die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen (demografische Entwicklung in der Gesellschaft, medizinsicher Fortschritt, hohe Kundenanforderungen) einerseits sowie zunehmend Qualitätsanforderungen im Hinblick auf Effektivität, Effizienz und Service.


Um diese Ziele zu erreichen wird unter anderem der Weg der betrieblichen Ausgliederung (Outsourcing) gegangen. Der nachfolgende Bericht beschreibt beispielhaft für ein Schwerpunktkrankenhaus in Deutschland, welche Maßnahmen getroffen worden sind, warum dies geschehen ist und welche Erfahrungen bisher damit gemacht wurden.

 

Das Diakoniekrankenhaus in Rotenburg (Wümme) ist ein Schwerpunktkrankenhaus mit 800 Betten. Ca. 30.000 stationäre und ca. 75.000 ambulante Patienten werden in den insgesamt 19 Fachabteilungen und Instituten pro Jahr behandelt. Der zunehmende Kostendruck und die unbefriedigende Erlösentwicklung zwingt zu weitgehenden Rationalisierungen. Um diese Effekte zu erreichen sind nach und nach in den zurückliegenden Jahren Betriebsbereiche ausgegliedert worden. Auch wenn für die einzelnen ausgegliederten Bereiche zum Teil unterschiedliche Beweggründe ausschlaggebend waren, seien die wesentlichen Gründe für die Ausgliederungen nachfolgend aufgezählt:

 

1. Reduzierung des Fixkostenrisikos insbesondere durch Vorhaltekosten im Personalbereich. Nach der Ausgliederung werden Fixkosten in der Regel für das Krankenhaus zu variablen Kosten und sind deshalb leistungsmengenabhängig.

 

2. Die Ausgliederung ermöglicht es in Deutschland in ein anderes Tarifgefüge hineinzukommen. Krankenhäuser unterliegen in der Regel Tarifen des öffentlichen Dienstes. Diese Tarife sind sehr starr, für bestimmte Service- und Versorgungsbereiche nicht wettbewerbsfähig und in keiner Weise leistungsfördernd. Die Ausgliederung biete die Möglichkeit für die jeweils ausgegliederten Mitarbeiter in andere Tarifsysteme zu wechseln, die wettbewerbsfähig sind.

 

3. Die Ausgliederung bietet neue und alternative Wege der Investitionsfinanzierung. Dazu muss man wissen, dass in Deutschland die Investitionen von örtlicher Seite her finanziert werden. Somit ist die Investitionstätigkeit von öffentlichen Haushalten abhängig, was häufig unternehmerische Entscheidungen verhindert.

 

4. Die Ausgliederung von Unternehmensbereichen (z.B. Küche, Labor, Technik etc.) ermöglicht es, über die Versorgung des eigenen Krankenhauses hinaus den Markt offensiv zu bedienen. So wird beispielsweise die eigene in eine Firma ausgegliederte Küche andere Krankenhäuser beliefern oder Partyservice betreiben.

 

5. Nicht zuletzt bietet das Outsourcing eine Einbindung von Partnern. Dies kann dazu dienen Kapital zu akquirieren oder aber Spezialwissen in das Unternehmen hinein zu holen.

 

Outsourcing kann auf verschiedenen Wegen praktiziert werden und ist auch ganz unterschiedlich ausgeprägt. Nicht selten ist es so, dass ausschließlich das Management für bestimmt Betriebsbereiche nach außen gegeben wird. Das weitestgehende Modell ist die 100-%ige Vergabe eines Betriebsbereiches (z.B. das Catering) an einen externen Unternehmer. Von zunehmender Bedeutung in Deutschland – und dies gilt auch für das Diakoniekrankenhaus in Rotenburg – ist das sogenannte Insourcing. Das heißt, dass ein bestimmter Betriebsbereich rechtlich und wirtschaftlich verselbständigt wird, aber ganz oder mehrheitlich in der Hand des Krankenhauses bleibt. Es handelt sich dann um sogenannte Tochterunternehmen. Folgende Betriebsbereiche des Diakoniekrankenhauses Rotenburg sind ausgegliedert worden:

 

1. Volles Outsourcing an einen externen Partner: Labormedizin, Magnetresonanzturbografie, Betriebsärztlicher Dienst, Sicherheitsdienst.

 

2. Ausgliederung in eine GmbH mit 100-%iger Beteiligung (volles Insourcing): Catering, Restaurant, Materialwirtschaft, Einkauf, Technik, Transport.

 

3. Ausgliederung in eine GmbH oder Aktiengesellschaft mit Mehrheitsanteilen beim Krankenhaus (Insourcing mit Beteiligung eines Spezialisten): Reinigung, Sterilisation, Schreibdienst, Medizinisches Controlling, Internetservice.

 

4. Betriebs- und Servicemodelle: Im Bereich der Endoskopie gibt es die Bereitstellung des Geräteparks mit umfassendem Service und Mitarbeitergestellung. Für ein flächendeckendes PACS-System gibt es ein Bereitstellungsmodell, das die Bereitstellung aller Gerätschaften und den umfassenden Service gewährleistet.

 

Schaut man sich die Outsourcing bzw. Insourcingmodelle an, so stößt man auf folgende Strukturmerkmale:

• Kooperationsvertrag: Dieser regelt die Leistungsbeziehungen zwischen dem Dienstleister (ausgegliederter Bereich) und dem Krankenhaus. Leistungsumfang und Leistungsqualität sind dort definiert und ebenfalls die Bedingungen (Preise).

• Mietvertrag: In der Regel sind die ausgegliederten Bereiche in den Räumlichkeiten des Krankenhauses untergebracht. Für die Nutzung der Räume wird in ein Mietvertrag geschlossen.

• Personalgestellung: Für die Mitarbeiter, die in ausgegliederten Bereichen arbeiten und noch beim Krankenhaus angestellt sind, gibt es sogenannte Personalüberlassungsverträge. In diesen Fällen bekommt ein gestellter Mitarbeiter weiterhin das Gehalt vom Krankenhaus. Der ausgegliederte Bereich ersetzt dem Krankenhaus diese Personalkosten.

 

Zur Umsetzung einer betrieblichen Ausgliederung sind viele Schritte und vorbereitende Aufgaben zu erledigen. Dies ist umso schwieriger, je näher der ausgegliederte Bereich zu den Kernaufgaben des Krankenhauses gehört. Es sind sehr komplexe Aufgaben, deshalb ist systematisch Projektarbeit zur Vorbereitung und Umsetzung unabdingbar. Zu den Aufgaben gehört insbesondere die Erstellung eines betrieblichen Konzeptes zum einen für den ausgegliederten Bereich (für die neue Firma!) als auch die Leistungsbeziehung und damit die Prozessorganisation zwischen neuer Firma und dem Krankenhaus. Die mit dieser Ausgliederung vorgesehenen neuen Strukturen und Prozesse müssen betrieblich abgebildet und in Zahlen quantifiziert werden. Die Entscheidung benötigt eine kalkulatorische Grundlage. Ebenso sind die vertraglichen Grundlagen zu definieren und insbesondere im Hinblick auf vertragsrechtliche, arbeitsrechtliche, tarifrechtliche und nicht zuletzt steuerrechtliche Aspekte abzuklären.

 

Ein ganz wesentlicher und in keener Weise zu unterschätzender Aspekt ist die Einbeziehung bzw. Vorbereitung der betroffenen Mitarbeiter. Wie in allen Veränderungsprozessen muss man auch hier den Mitarbeitern im Vorwege eingestehen, dass es zunächst nicht besser wird, sonder schlechter. Die Erfolge warden sich erst nach geraumer Zeit einstellen.

 

Dieses haben wir in allen unseren Outsourcing-/Insourcingprojekten festgestellt. Es dauert in der Regel ein bis zwei Jahre bis wieder einigermaßen Normalität erkennbar ist. Dennoch kann für alle durchgeführten und genannten Projekte gesagt werden, dass die Effekte über alles positiv sind. Dies gilt für die tatsächlich feststellbare Reduzierung des Fixkostenrisikos, für die alternative Tarifstruktur und den daraus resultierenden Möglichkeiten, für die Investitionskostenfinanzierung und nicht zuletzt für die Erschließung neuer Märkte. Auch die Einbindung von Partnern in die neuen Firmen ist durchweg positiv zu bewerten.

 

Auf der anderen Seite darf nicht verschwiegen werden, dass die mit der Ausgliederung verbundene Diversifizierung die Zentrifugalkräfte eines Unternehmens stärkt. Es bedarf einer konsequenten und starken inneren Kraft und Identität all dies zusammenzuhalten.

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